Ein Text von Vera Hilger, Künstlerin aus Aachen

Ein Beispiel für eine gelungene Kooperation zwischen Kultur-trägern und Familiengärtnern kann man seit Ende August in Aachen an der Fassade des Vereinsheims des Stadtverbandes sehen. Vorangegangen war eine Planung, die schon im Jahr 2023 begann. Anlass war die mit Graffiti- Schriftzügen verunstaltete Fassade des Verbandsheimes, von dem die ursprüngliche Wandfarbe abblätterte; das Gebäude machte im Ganzen einen verwahrlosten, verlassenen Eindruck, obwohl es innen schon aufwendig renoviert war.

Beim Gespräch zwischen der Vorsitzenden Gabi Babendreyer und der Leiterin des Projektraumes Raum für Gäste, Vera Hilger, entwickelte sich die Idee, einen offenen Wettbewerb auszuschreiben, an dem sich Künstler mit Entwürfen für die Fassade beteiligen konnten. Die neue Wandgestaltung sollte auch vor weiterem Vandalismus schützen, gibt es doch so etwas wie einen Ehrenkodex in der Graffiti-Szene, der besagt, dass man eine Arbeit eines Kollegen nicht übersprüht.

Zudem war es eine Möglichkeit, zwei ansonsten eher parallel existierende Kreise, den der Kultur und den der Kleingärtner in Kontakt miteinander zu bringen.

Nachdem die Frage der Finanzierung geklärt war, konnte der Wettbewerb mit Unterstützung der Stadt und der Sparkasse Aachen schließlich in die Umsetzung gehen. Auf verschiedenen Kanälen wurde der Wettbewerb veröffentlicht, bis schließlich aus den zahlreichen Bewerbungen ein Gewinner feststand: Lukas Rosen. Der Entwurf des in Aachen geborenen und inzwischen in Berlin lebenden Künstlers fand die größte Zustimmung und überzeugte sowohl inhaltlich als auch ästhetisch.

Das langgestreckte Gebäude grundierte er im ersten Schritt in einem speziell angemischten Rot, wodurch das Gebäude, das umgeben ist von Grün, auf einmal Präsenz und Kontur gewinnt. Auf diesem Rot tummeln sich Tiere, Pflanzen und Menschen, in einer beinahe kindlichen, freundlichen und humorvollen Weise gezeichnet. In dem Bild kommen auch Worte und Sätze vor. Ein Schlüsselsatz, den zwei Gestalten, den Himmel betrachtend, sagen, ist: „look, how small we are!“ Und wer weiß besser als die Gärtner, die im täglichen Umgang mit ihren Gärten erfahren, wie abhängig der Mensch von der Natur ist, von Regen, Temperatur und Nahrung?

Dazu passt auch, dass die Menschen immer verhältnismäßig klein im Vergleich zu den dargestellten Tieren und Pflanzen wirken – vielleicht eine Aufforderung, sich nicht allzu mächtig zu fühlen, auch, wenn man im eigenen Garten scheinbar das Sagen hat. Auf Rosens Bild sind Tiere, Pflanzen und Menschen im Einklang, eine friedliche Vision des idealen Gleichgewichts, in der die Menschen ihre Begrenztheit erkennen.

Durch dieses Bild hat der Ort als Heim des Stadtverbandes eine neue Wahrnehmung und Identität bekommen und könnte als Modell für die Zusammenarbeit von Kleingärtnern und Kultur dienen.