Invasive Arten im Kleingarten – was sind invasive Arten, was Sie darüber wissen sollten und wo Vorsicht geboten ist.
Die Einwanderung bzw. Verbreitung fremder Tier- und Pflanzenarten in unser Ökosystem gehört zu den natürlichen Prozessen, die immer schon existierten und die zunächst nicht zur Sorge Anlass geben sollte. Durch natürliche Klimaschwankungen sind in Mitteleuropa die Farnwälder verschwunden, wärme- und feuchtigkeitsliebende Pflanzen mal eingewandert und dann wieder ausgestorben und die Baumgrenze hat sich in den Jahrtausenden mehrfach verschoben.
Die natürliche Verbreitung von Pflanzen in unsere Regionen hat in der Vergangenheit selten zu nachhaltigen Problemen mit den einheimischen Pflanzen geführt, da sich bestehende Ökosysteme eher robust solchen Entwicklungen gegenüber zeigen. Durch menschlichen Einfluss hat sich jedoch in den letzten Jahrhunderten – insbesondere seit dem 20. Jahrhundert – die Geschwindigkeit und Artenvielfalt der Einbringung von fremdländischen Pflanzen in unsere Gärten und in die Natur deutlich beschleunigt. Vielfach wurden Pflanzen zum Zwecke der Ernährung eingeführt (z. B. Kartoffeln, Mais, Walnuss) oder weil diese unsere Gartenräume bereichern sollten (z. B. Rhododendren, Rosskastanien, Kirschlorbeer). Ebenso werden fremde Arten durch den weltweiten Handel und Verkehr unbeabsichtigt verbreitet, z. B. als Samen in Warentransporten oder im Ballastwasser von Schiffen.
Viele der bedeutenden Gartenanlagen in Europa sind als Pflanzensammlung von reisenden Herrschern oder deren Beauftragten entstanden und zeugen auch heute noch von der Vielfalt in der Natur; gleiches gilt im Übrigen auch für die botanischen Gärten. Diese Arten stellen aus gestalterischer Sicht eine wesentliche Bereicherung der Möglichkeiten dar und bergen zumeist ein geringes Potenzial, einheimische Pflanzen zu verdrängen. Hieraus ergibt sich, dass nicht alle eingeführten oder eingewanderten Arten gleichzeitig auch invasiv sind. Eine Art gilt nur dann als invasiv, wenn sie sich im neuen Gebiet fest etabliert hat und einheimische Arten und Ökosysteme bedroht.
Das größte Problem bei solchen Arten besteht darin, dass sie einheimische Pflanzen verdrängen, Wirkzusammenhänge im Ökosystem verändern und damit letztlich neben der Fauna auch unmittelbare Auswirkungen auf die Flora haben. Wirbellose, Insekten, Vögel und Säugetiere sind an das bestehende Ökosystem und Nahrungsangebot angepasst. Fällt eine wichtige Nährpflanze aus, dann verschwinden auch diese, da die invasiven Arten diese Funktion oftmals nicht übernehmen können.
Was sind invasive Pflanzenarten?
Als invasive Pflanzen werden, laut Homepage des Bundesamtes für Naturschutz, diejenigen gebietsfremde Pflanzen zusammengefasst, „die sich nach ihrer beabsichtigten oder unbeabsichtigten Einbringung durch den Menschen in Gebieten, in denen sie natürlicherweise nicht vorkommen, etablieren … und … zu Veränderungen der Funktionsabläufe in Ökosystemen führen oder ursprüngliche Lebensgemeinschaften beeinträchtigen können“. Diese Pflanzen, die sich auch in unseren Klimaten und auf unseren Böden oder in Nischen (Kalkmagerstandorte, alpine Standorte, Moore etc.) wohlfühlen und über entsprechende Mechanismen (intensive Wurzelgeflechte und Rhizome, sehr starke Samenbildung, Verdrängung durch intensiven Schattenwurf u. dgl.) verfügen, die ihnen einen Vorteil den beheimateten Pflanzen gegenüber verschaffen und zu deren Verdrängung beitragen, werden allgemein als invasive Pflanzen bezeichnet.
Die Entwicklungen der vergangenen Jahrzehnte hat den Gesetzgeber dazu veranlasst, die Ausbringung von Pflanzen (und Tieren) im Gesetz über Naturschutz und Landschaftspflege (Bundesnaturschutzgesetz – BNatSchG) zu limitieren. So bestimmt das BNatSchG in § 40 Ausbringen von Pflanzen und Tieren, Absatz 1: „Das Ausbringen von Pflanzen in der freien Natur, deren Art in dem betreffenden Gebiet in freier Natur nicht oder seit mehr als 100 Jahren nicht mehr vorkommt … bedarf der Genehmigung der zuständigen Behörde. Dies gilt nicht für künstlich vermehrte Pflanzen, wenn sie ihren genetischen Ursprung in dem betreffenden Gebiet haben. Die Genehmigung ist zu versagen, wenn eine Gefährdung von Ökosystemen, Biotopen oder Arten der Mitgliedstaaten nicht auszuschließen ist“.
Die „Verordnung (EU) Nr. 1143/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Oktober 2014 über die Prävention und das Management der Einbringung und Ausbreitung invasiver gebietsfremder Arten“ enthält als zentralen Bestandteil eine Auflistung der betreffenden Arten von unionsweiter Bedeutung. Diese sogenannte Unionsliste soll regelmäßig, mindestens jedoch alle sechs Jahre geprüft und ggf. überarbeitet werden.
Es ist auffällig, dass einige aktuell diskutierte Pflanzenarten nicht aufgeführt sind, wie z. B. der Japanische (Stauden-) Knöterich (Reynoutria oder Fallopia japonica), der Sommerflieder (Buddleja davidii) oder der Kirschlorbeer bzw. Lorbeerkirsche (Prunus laurocerasus). Diese finden sich jedoch in einer deutlich umfassenderen Liste des Bundesamtes für Naturschutz (die vollständige Liste finden Sie hier: BfN), die bereits aus dem Jahr 2013 datiert. Unterschieden wird hier nach „schwarzer“ und Grauer“ Liste, die jeweils weiter unterteilt sind. Die Schwarze Liste enthält Arten, die aus Sicht des Naturschutzes relevante Probleme verursachen und die daher in der Regel einen Handlungs- und Regelungsbedarf aufweisen. Die graue Liste enthält jene gebietsfremden Arten, für die bislang nur begründete Annahmen bzw. Hinweise zur Invasivität vorliegen.
Auch bei Pflanzen gibt es nicht nur schwarz und weiß,
sondern zahlreiche Schattierungen von grau…
Es ist von enormer Bedeutung, sich vor der Bekämpfung mit dem Schadpotenzial der Pflanze,
möglichen Risiken beim Kontakt und den Bekämpfungsmöglichkeiten auseinanderzusetzen.
Manche der dort genannten Arten finden sich in Kleingärten, in den verpachteten Parzellen oder im öffentlichen Grünanteil, wieder, weshalb diesen eine besondere Aufmerksamkeit zukommen sollte. Einige der Arten haben bereits ein großes Verbreitungsgebiet und eine hohe Vermehrungsrate, weshalb diese in Kleingärten nicht weiter angebaut oder sogar zeitnah entfernt werden sollten. Andere Arten haben sehr wohl ein Schadpotenzial, welches sich jedoch noch nicht verwirklicht hat oder erst dann entfaltet, wenn sich die Pflanzen unkontrolliert in der Natur ausbreiten. Insbesondere die auf Naturschutz- und vergleichbaren Flächen bestehenden Pflanzengesellschaften sind oft sehr empfindlich und müssen dringen und nachhaltig geschützt werden.
Sehr konsequent gehen auch die Schweizer gegen Neophyten vor. Die dortigen „Listen der invasiven Neophyten der Schweiz“ führen regelmäßig dazu, dass der Schweizerische Bundesrat die Einfuhr und den Anbau bestimmter Pflanzen – z. B. des Kirschlorbeers, der in Deutschland noch vertrieben und angebaut werden darf – verbietet.
Bekämpfung invasiver Pflanzenarten
Invasive Arten sind im Regelfall – ebenso wie die gebietseinheimischen und Gartenpflanzen – nur dann besonders schädlich, wenn sie optimale Lebensbedingungen vorfinden, also Wasser- und Nährstoffangebot, Belichtung, Bodenart etc. „passen“. Einige wenige Arten sind hingegen „Generalisten“, die sich auf zum Teil sehr unterschiedlichen Standorten und auch in großer Konkurrenz zu etablieren in der Lage sind.
Bei der Bekämpfung von invasiven Pflanzenarten heißt es zumeist „buddeln und schwitzen“, da sie überwiegend nur dann nachhaltig entfernt werden können, wenn auch die Wurzel (bei einzelnen Gattungen zumindest große Teile hiervon) nachhaltig entfernt wird. Ebenso sollte die Bildung von Samen verhindert werden. Aber auch hier gilt der Grundsatz, dass man sich mit der Biologie der Pflanze und deren Eigenschaften auseinandersetzen sollte, um unnötigen Aufwand zu vermeiden und effektiv vorgehen zu können. Besonders eine auf den konkreten Einsatz angepasste und geeignete Schutzkleidung sowie geeignetes Werkzeug und Entsorgungswege sind Voraussetzung für eine erfolgreiche Bekämpfung oder zumindest Eindämmung des betreffenden Bestandes.
Hinweis:
Erkundigen Sie sich bei Ihrem Vereinsvorstand, dem zuständigen Verband oder durch Sichtung
der Gartenordnung, welche Pflanzen zur Verwendung in Ihrem Kleingarten
gestattet und welche Pflanzen verboten sind!